19.04.2024 Herzlich willkommen!

"Aus den Augen verloren": Steuersünder reiten über den Hof

Mit besonderer Freude verteile ich den „Klodeckel des Tages“ an jene moralinsauren Prediger, die mit übergroßem missionarischen Eifer so gerne auf andere zeigen, wenn sie bei diesen auch nur die geringste Verfehlung wahrzunehmen glauben. Nicht selten entpuppen sich die selbsternannten Saubermänner nämlich am Ende als genau die Trickser, Günstlinge oder gar Schummler, die sie geradezu besessen in anderen sehen. So verhält es sich auch mit Anton Hofreiter, dem Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag. Was hatte der gewettert, als vor einigen Wochen der „Fall Hoeneß“ vor Gericht verhandelt wurde. „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und gehört streng bestraft“, war auf Hofreiters Abgeordneten-Homepage zu lesen. Hoeneß habe das Gemeinwesen bestohlen und es sei „abstoßend“, dass ihm trotzdem noch „kumpelhaft der Arm um die Schultern gelegt“ werde. Eine klare Meinung, die man natürlich so vertreten kann. Blöd nur, wenn man selbst nun dabei ertappt worden ist, jahrelang das Finanzamt geprellt zu haben. Und so fällt der grüne Toni tief, wenn er auch in der Höhe seiner Steuerhinterziehung nicht mit dem Uli mithalten kann.

Seine 2005 bezogene Berliner Zweitwohnung hatte der grüne Politiker seinerzeit „vergessen“, anzumelden. Dafür muss er nun mit einer Geldbuße rechnen. Zudem belaufen sich die dem Finanzamt vorenthaltenen Zahlungen auf insgesamt fast 2.500 Euro. Die hat Hofreiter zwar in der vergangenen Woche nachgezahlt, doch die Staatsanwaltschaft dürfte jetzt gegen ihn ermitteln, wie es bei Steuerstraftaten von Bundestagsabgeordneten üblich ist. Kleinlaut teilte der sonst so meinungsfreudige Besserwisser mit, er sei „zerknirscht“ darüber, die Anmeldung „aus den Augen verloren“ zu haben. Das ist doch mal eine hübsche Umschreibung für den Tatbestand der Steuerhinterziehung. Respekt! Dann macht es dem blassen blonden Grünen sicher auch nichts aus, wenn die Bundestagsverwaltung künftig mal die Überweisung seiner Diäten „aus den Augen verliert“. Kann ja mal passieren, ist doch nicht schlimm. Und ganz sicher fühlt sich der Münchner mit dem etwas plumpen Steuersparmodell nun auch seinem bayerischen Mitstreiter mit dem Schweizer Konto etwas näher, den er gerade noch des Diebstahls am Gemeinwesen bezichtigt hatte.

So gerät der insgesamt bisher eher als politisches Leichtgewicht wahrgenommene Hofreiter zunehmend in die Defensive. Wer sich selbst mehr als acht Jahre lang um seine Steuerzahlung drückt, muss sich fragen lassen, mit welchem Recht er noch im Bundestagswahlkampf höhere Steuern für andere gefordert hatte. Schmerzhaft fällt ihm nun vor allem die allgegenwärtige grüne Neigung auf die Füße, die Gesellschaft zu „richtigem“ Verhalten erziehen zu wollen. Wer selbst Vorschriften für so belanglos hält, dass er seine Pflichten „aus den Augen verloren“ hat, kann sich kaum anmaßen, immer neue Regeln für andere aufzustellen. Das gilt auch für Hofreiters Fraktionskollegin Maria Klein-Schmeink, die sich in der abgelaufenen Woche als Nächste outen musste, lieber andere schöne Sachen mit dem Geld gemacht zu haben, als es dem Finanzamt zu überweisen. Auch sie hatte die Anmeldung ihrer Berliner Zweitwohnung offenbar „aus den Augen verloren“. Dass die beiden Grünen mit ihrer Steuervermeidung nicht allein dastehen, nutzt ihnen wenig. Und Hofreiter dürfte kaum trösten, dass ihm von seiner Ko-Fraktionschefin Göring-Eckardt sogleich „kumpelhaft der Arm um die Schultern gelegt“ worden ist; Solidaritätsbekundungen für Gemeinwohldiebe findet er bekanntlich „abstoßend“.

2 Kommentare

  1. Wie sagte mir gestern die Dokumentarfilm-Regisseurin Claudia Buttenhof-Duffy im Interview über die Zustände in Rumänien „Die Gesetze werden für die Bürger gemacht, die sich daran halten sollen und müssen, während die gleichen Gesetze für die Regierung nicht zu gelten scheinen und nach Belieben gebrochen werden“. Diese Tendenz ist europaweit und die von Dir zugespitzt kommentierte Verfehlung des Grünen Hofreiter ist nur ein kleines Mosaiksteinchen eines Sachverhaltes, die unsere Mit-Bürger politik- und wahlmüde werden lässt. Das Gegenteil würde ich mir wünschen, dass die Menschen auf die Barrikaden gingen und diese Politische Klasse abservieren würden. Theoretisch ginge das schon, wenn der Wahlzettel als demokratischer Denkzettel benutzt würde. Das würde ein politsches Bewusstsein voraussetzen und das Wissen um die eigene Macht. Vielleicht erlebe ich das ja noch…

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