28.03.2024 Herzlich willkommen!

Nach dem Referendum: Die Angst der Mächtigen vor dem Volk

euro photo

Es war schon ein kleines Erdbeben, dass sich da bei unseren Nachbarn ereignete. Fast zwei Drittel der holländischen Wähler sprachen sich Mitte der Woche in einer Volksabstimmung gegen das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine aus. Dass die Niederlande aktuell den Vorsitz im Rat der Europäischen Union innehaben, gibt dem Votum besonderes Gewicht. Zwar nahmen nur rund ein Drittel der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil, doch liegen auch bei uns die Zahlen für manche Wahl auf kommunaler Ebene kaum höher. Das „heute-journal“ hielt dies auch am Tag danach nicht davon ab, darauf zu verweisen, dass de facto ja lediglich 20% der Holländer mit Nein gestimmt hätten. Derlei öffentlich-rechtliche Rechenexempel wünscht man sich auch einmal zu Bundestagswahlen, wenn bei einer Beteiligung von um die 70% nur etwas mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf die spätere Bundesregierung entfallen. Natürlich interessierten sich die meisten Holländer nicht für das Abkommen mit der Ukraine. Schon der sperrige Begriff wirkt abschreckend, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sich der Inhalt nur Eingeweihten erschließt. Es dürfte wohl kaum einen Wähler geben, der sich wirklich mit dem mehr als 300 Seiten starken Dokument beschäftigt hat.

Dies aber – wie die eilig um Schadensbegrenzung bemühten Kommentatoren – als Hauptargument für die Fragwürdigkeit von Volksabstimmungen ins Feld zu führen, ist billige Propaganda-Rhetorik. Die Mächtigen hat pure Panik ergriffen. Und so schickte Kommissionspräsident Juncker sogleich seinen langjährigen Weggefährten Asselborn an die Front, um vor dem unberechenbaren, uninformierten Wähler zu warnen. Referenden dürfe es zu EU-Fragen nicht mehr geben, so die Forderung. Mit ihrer Entscheidung über ein Vertragswerk, das sie nicht kennen, befinden sich Hollands Wähler allerdings in bester Gesellschaft mit dem größten Teil der Parlamentarier in Europa. Diese hatten in den zurückliegenden Jahren immer wieder Rettungspaketen zugestimmt, ohne die dazugehörigen Vertragspamphlete auch nur im Ansatz durchdrungen zu haben. Wer käme auf die Idee, deshalb den Sinn von Bundestagsabstimmungen in Frage zu stellen? Nun ist Holland in Not. Vor allem aber der Chef der Brüsseler Riesenkrake. Traurig sei er, ließ Junckers Büro über dessen Gemütszustand verlauten. Einmal mehr soll mit der Emotionalisierung einer Sachentscheidung auf diese Weise offenbar Druck entfaltet werden. Politik als scheinbar gefühlsechtes Erlebnis, bei dem nicht mehr die Konsequenzen zählen, sondern der Grad des Wohlbefindens auf dem Weg dorthin. Ganz nach der Masche der deutschen Kanzlerin.

Doch Europas Bürger haben die Nase voll. In Holland durften sie es offiziell mitteilen. Zu verantworten hat die zunehmende Ablehnung eine politische „Elite“, die aus Großmannssucht und egoistischen Motiven ein Monster geschaffen hat, das ihr zwar Posten und Machtfülle sichert, aber die europäische Idee mit Füßen tritt. Die Kaste der Realitätsleugner in Brüssel, Paris und Berlin, die nur noch um sich selbst kreist, hat in den zweieinhalb Jahrzehnten seit den Schengener Verträgen fast alles falsch gemacht. Schon die Einführung der Gemeinschaftswährung war ein historischer Fehler. Die aggressive EU-Erweiterung und die massive Entwertung nationalstaatlicher Souveränität haben darüber hinaus nicht nur europäische Partner zu Gegnern werden lassen, sondern manche Krise der letzten Jahre erst herbeigeführt. Gebannt schauen nun alle auf Großbritannien und das dortige Votum zum EU-Austritt. Aber vielleicht wissen es die Marietta Slomkas dieser Welt anschließend auch wieder besser und rechnen uns vor, wie bedeutungslos die Entscheidung eines so verschwindend kleinen Teils der Wähler sei. Dafür müssten sie allerdings dann schon die übrigen 52 zwar nicht wahlberechtigten, aber mit dem Königreich verbundenen Staaten des Commonwealth hinzurechnen. Zuzutrauen ist es den politischen Hofberichterstattern einer entfremdeten Politik allemal.

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11 Kommentare

  1. „Fast zwei Drittel der holländischen Wähler sprachen sich Mitte der Woche in einer Volksabstimmung gegen das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine aus.“

    Bei einer Wahlbeteiligung von nur 32 (!) Prozent, also nicht einmal einem Drittel der Wahlberechtigten, ist der Auslöser für dieses Erdbeben im Grunde genommen lächerlich. Diese geringe Wahlbeteiligung sehe ich sogar eher als Niederlage für EU-Kritiker, denn insofern diese alle Gleichgesinnten mobilisiert haben, sind ihre Standpunkte nicht mehrheitsfähig. Ferner halte ich ein derart niederiges Quorum für geradezu antidemokratisch, weil hier wieder eine Minderheit die Mehrheit dominiert.

    1. In einer Demokratie entscheiden diejenigen, die tatsächlich wählen gehen. Interessanterweise wird nun geäußert, das Votum sei nicht repräsentativ. Warum hört man dies von den vielen vermeintlichen Demokratiebeschützern nie, wenn ein Bürgermeister mit gerade einmal einem Viertel der Zustimmung der Wahlberechtigten ins Amt gelangt, oder sich eine Bundesregierung lediglich auf ein gutes Drittel der Wahlberechtigten stützen kann? Ich denke, ich habe klar genug herausgearbeitet, dass genau dieses Messen mit zweierlei Maß antidemokratisch ist. Daran ändert auch Ihre Empörung über ein Ihnen offenbar nicht genehmes Wählervotum nichts. Und wenn wir schon dabei sind: Sie argumentieren, hier würde eine Minderheit die Mehrheit dominieren. Erleben wir dies nicht seit zwei Jahrzehnten in Deutschland mit den Grünen, die ihre religionsartig zusammenstehende Klientel bei Wahlen stets fast komplett mobilisieren können und damit in fast allen Parlamenten deutlich überrepräsentiert sind? Ihre Kritik ist nicht nachzuvollziehen, wenn sie nicht viel grundsätzlicher ansetzt.

    2. Ihren Ausführungen zufolge ist damit das Rauchverbot vor ein paar Jahren in Bayern in den Gaststätten ebenfalls ad Absurdum geführt. Noch schlimmere Umstände waren dort vertreten. Alleine die Fragestellung damals war ungefähr so: Sie stimmen also zu, daß in Kindergärten wieder geraucht wird!
      Und dann halten mir als Wirt, der noch ein bis zwei Jahre danach durchgehalten hat bis zur völligen Zerstörtung der Existenz, diese ganze jubelnde Grün-Volk unter die Nase: DAS VOLK HAT ES SO GEWOLLT!
      Frisierte Fragestellungen, gleiche Wahlbeteiligung und absolut unseriöse Ausführungen sowie die darauf folgende Hexenjagt mit Gerichtsverhandlungen über unseren Fall, bei denen wir nicht einmal anwesend sein durfent.
      Also merken Sie sich eines: DAS VOLK HAT ENTSCHIEDEN!
      Wenn es Euch nicht in den Kram paßt, dann wird die Argumentation einfach umgedreht. Nee, Nee, so geht das nicht.

    3. Herr Robert Wenz
      Bei einer Wahlbeteiligung von 32 %, stimmten nur 12,48 % der Wahlberechtigten Niederländer für das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Gut das diese „Minderheit“ nicht dominiert! Das ist eine Schlappe für die Putschisten in der Ukraine mit Sitz in Brüssel!
      So wird da ein Schuh draus Herr Wenz
      PS. Prüfen sie mal ihr Demokratieverständnis oder denken sie die Regierungen seit dem Putsch seien legitime?

  2. Und was wird die Abstimmung in den Niederlanden (gleichgültigwie man sie wertet) ändern? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts! Das Ergebnis ist nicht bindend!
    Was sich evtl. ändert ist die Einschätzung von Politikern gegenüber Volksabstimmungen/-referenden/-befragungen! Sie werden sie in in Zukunft vermeiden wo es nur geht, allein um sicher zu gehen, daß das Volk nicht etwa in freier Bestimmung ihnen den Laufpaß gibt!
    Zur Diskussion über die Bewerrtung der Abstimmung: Beide, R. Wenz und peymar, haben recht und gibt es, aus meiner Sicht, nur 4 Lösungen:
    1. Wahlpflicht (Was allerdings mit dem durchaus begründbaren guten Recht die eigene Stimme allen zu enthalten, bzw eben nicht wählen zu wollen, kollidiert!)
    2. prozentuale Beteiligungsgrenze (Eine Wahl/Abstimmung/Befragung bei der sich weniger als, sagen wir, 50% der Wahl-/Abstimmungsberechtigten beteiligen, ist ungültig; und muß evtl. so lange wiederholt werden bis die Beteiligung 50% überschreitet!
    3. Wahlen/Abstimmungen/Befragungen abschaffen
    4. es so lassen wie es ist, aber es dann auch akzeptieren wenn wegen geringer Beteiligung eine Minderheit die Richtung bestimmt, weil sie in der Abstimmung die Mehrheit darstellte!

    Ich persönlich favorisiere Variante 2. Damit hätten die Whalberechtigten nämlich wenigstens eine indirekte Möglichkeit Einfluß auf die Wahlthemen, bzw. Programme zu nehmen!

  3. Die Reaktionen auf missliebige Ergebnisse solcher Art wie in den Niederlanden fallen m. E. nur dort so haarsträubend undemokratisch aus, wo das Volksreferendum nicht fest implementierter und selbstverständlicher Bestandteil des Gemeinwesens ist. Das Beispiel unserer Schweizer Nachbarn drängt sich förmlich auf.

    Die traurig niedrige Beteiligung dürfte zu einem guten Teil auf die über Jahrzehnte hinweg aufoktroyierte Resignation der Wählerschaft zurückgehen – dass das Ergebnis zudem für die Regierung nicht bindend ist, unterstreicht dies umso mehr. Wieso wählen gehen, wenn „Di da oben“ doch machen dürfen, was ihnen beliebt?

    In gewisser Weise stimme ich Herrn Wenz‘ Wertung sogar zu – in seinem Sinne modifiziert, würde das Wahlrecht der „schweigenden Mehrheit“ zu größerem Gewicht verhelfen. Dann müssten unsere „Volks“parteien zwar mit einem Wählerzuspruch von teils unter 20 % leben. Wer jedoch der derzeit größten Gruppe der Wahlberechtigten, der „Partei der Nichtwähler“, parlamentarisches Gewicht verleihen sollte, wird auch Herr Wenz nicht schlüssig beantworten können.

    Eine Demokratie, deren Führer ihrem Volk das Recht auf Irrtum (auch das ist Bestandteil der Freiheit!) absprechen, bedarf dringend der Überholung: die letzte gesamtdeutsche Regierung, die sich dermaßen gottgleiche Rechte anmaßte, schaffte nicht nur den Rest der damaligen Demokratie ab, sie führte das Land zudem in einen verheerenden Krieg. Wenn schon permanent ein „Wehret den Anfängen“ in die Welt posaunt wird, darf der Blick auf die Mechanismen der Regierenden kein Tabu sein.

  4. Die Demokratie ist so eine Sache. Sie verleiht den Idioten die selbe Stimmgewalt wir den Akademikern. Die Crux ist, dass zwei Idioten einen Akademiker überstimmen können und so eine Diktatur der Dummheit entsteht.
    Die EU ist ein Lehrbuchbeispiel für einen solchen Fall, der immer dann möglich wird, wenn die Emotionen über die Ratio gestellt werden und so eine Mehrheitsentscheidung manischer Plebs ins Unheil führt – Nibelungentreue und Kadavergehorsam im 1. Weltkried, Reichstagsbrand im 2. Weltkrieg und nun der Hütchenspielertrick vom Rummelplatz für die EU. Man machte sich nicht mehr viel Mühe, weil das Bildungswesen in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin dazu führte, dass die Masse nur noch aus infantilen Psychotikern besteht, deren größter Wunsch es ist, Pokémontrainer oder Brony zu werden.
    Die EU ist eine Art flächendeckendes Rom in dessen Bewohner sich selbst nur noch auf Rausch, Ficken und Gewalt reduzieren. Aus der Spitze der Moderne wurde ein Rudel zugedröhnt koitierender Faschingsclowns, die sich von pädophilen Junkies und Kriegsverbrechern die Steuern aus den Rippen schneiden lassen und Brüssel feiert das wie die Neuerfindung der Zivilisation.

  5. Sie verleiht den Idioten die selbe Stimmgewalt wir den Akademikern.

    Der war gut! Die größten Idioten SIND Akademiker! Bis auf Schultz sitzen in der EU meist nur Akademiker. Wie Schulz beweist, gibt es auch einige Idioten unter Nicht-Akademikern – aber wesentlich seltener als bei Akademikern.

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