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Pinkeln in Portland: Wenn die falschen Kanäle geflutet werden

Heute geht der „Klodeckel“ mal wieder ins Ausland, genauer gesagt in die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Bundesstaat Oregon sorgte dort Mitte der Woche ein gedankenloser junger Mann dafür, dass mehr als 140 Millionen Liter kostbaren Trinkwassers entsorgt wurden. Der 19-Jährige hatte sich nämlich ausgerechnet ein offenes Trinkwasserreservoir der Stadt für seine Pinkelpause ausgesucht. Die Behörden fühlten sich daraufhin verpflichtet, den Speicher komplett zu leeren. So sehr man sich über das öffentliche Urinieren ins Trinkwasserbecken auch aufregen mag, geht die unvorteilhafte Auszeichnung jedoch nicht an den Teenager. Sie wandert vielmehr an die Stadt Portland. Diese geriet in Bedrängnis, weil der Vorfall eine breite Öffentlichkeit daran erinnerte, dass ihr Wasser aus Staubecken kommt, in denen auch allerlei Vögel und andere Tiere ungehindert ihre Notdurft verrichten. Überdies spült der Regen jede Menge Dreck und Unrat in die Reservoire. Zwar wird das Ganze auf dem Weg zum Verbraucher nochmals desinfiziert, völlig unbeschwert dürfte der Trinkwassergenuss für viele Amerikaner mit dem frischen Bewusstsein des offenen Zugangs zu den unbewachten Becken aber derzeit nicht sein.

Allerdings stellt sich natürlich schon die Frage, ob es verhältnismäßig ist, eine Wassermenge zu entsorgen, die dem Monatsverbrauch einer mittelgroßen deutschen Stadt entspricht. Die Desinfizierungsanlagen wären sicher mit zwei Gläsern menschlichen Urins fertig geworden. Doch das Problem liegt ohnehin sehr viel tiefer: Während in Deutschland Trinkwasser nach strengen Vorschriften aus nicht öffentlich zugänglichen Brunnen in großer Tiefe gewonnen wird, entnehmen es viele amerikanische Gemeinden aus schlichten offenen Bassins. Mehr ist aus Kostengründen nicht drin. Und hier zeigt sich die ganze Widersprüchlichkeit einer Nation, die seit dem 11. September 2001 geradezu hysterisch um den „Heimatschutz“ besorgt ist. Das eigens hierfür gegründete Ministerium samt seiner Behörden und eines offenbar außer Kontrolle geratenen Überwachungsapparats kann ganz offensichtlich nicht verhindern, dass ein einziger Pinkler die Trinkwasserversorgung einer ganzen Stadt gefährdet. Diesmal war es nur Urin, doch wäre es ebenso leicht möglich gewesen, Chemikalien oder gar gefährliche Krankheitserreger hineinzugeben, die tatsächlich den Weg zum Wasserhahn gefunden hätten.

Ein Land, dass Billionen von Steuergeldern in die Terrorbekämpfung steckt und sich rühmt, ein flächendeckendes Netz detaillierter Überwachung zum vermeintlichen Schutz seiner Bürger zu besitzen, läuft täglich tausendfach Gefahr, an seiner allzu simpel konstruierten Infrastruktur zu scheitern. Sträflich wurde deren Modernisierung vernachlässigt, weil die Bereitschaft fehlt, angemessen in Unterhalt, Erneuerung und Sicherung zu investieren. Dies gilt nicht nur für die Architektur der Wasserversorgung, sondern auch für Stromnetze und Elektrizitätsleitungen. Ein Anlass für Schadenfreude ist das aber keineswegs. Die Politik hat auch in Deutschland einen immensen Investitionsstau zu verantworten, weil sie sich lieber an milliardenschweren Prestigeprojekten versucht oder ihre kostspieligen Ideologien pflegt, als die Steuermittel für die dringend erforderlichen Investitionen zu verwenden. Vor allem aber liegt das Problem in der Unsitte der Wahlgeschenke. Daher tragen jene eine erhebliche Mitschuld, die den Staat dazu nötigen, ihnen die finanzielle Verantwortung für die eigene Lebensführung abzunehmen. Die Milliarden, die diese Egoismen verschlingen, fehlen für Infrastrukturmaßnahmen und die Daseinsvorsorge. Es ist schäbig, wenn andere dafür mit höheren Steuern aufkommen sollen.

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