28.03.2024 Herzlich willkommen!

Un-app-etitlicher Aufruf: Die Mobilmachung der Fahrrad-Sheriffs

Diesmal wandert der „Klodeckel“ an einen Vertreter der Gutmenschen, die sich bei genauer Betrachtung so oft als Schlechtmenschen entpuppen. Es ist Heinrich Strößenreuther, der Deutschland die „Wegeheld-App“ geschenkt hat. Über diese können Smartphone-Besitzer seit kurzem Autofahrer anschwärzen, die ihnen in die Quere kommen. Im Land der Oberlehrer und Verkehrserzieher dürfte Strößenreuther damit einen Volltreffer landen, befriedigt die neue App doch vor allem den deutschen Urinstinkt, Mitmenschen zu denunzieren. Der ehemalige Greenpeace-Aktivist behauptet auf seiner Homepage, damit einen Beitrag zu „lebenswerten, menschen- und klimafreundlichen Städten“ leisten zu wollen. Auf dieser bekunden vor allem ökologische Interessenverbände ihre Unterstützung, vom „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ über das „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ bis zur Radfahrerlobby „Verkehrsclub Deutschland“. Und natürlich kommt auch die Unternehmerschaft nicht zu kurz. So gehören ein Dienstleister für die Fahrradbranche und ein Öko-Beratungsunternehmen zu den „Erstunterzeichnern“, wobei schon der Begriff verrät, dass es weniger um eine hilfreiche Anwendung geht, als vielmehr um eine Art Resolution.

Zwar stört sich der findige App-Entwickler vordergründig am Falschparken, doch schwitzt der leidenschaftliche Radfahrer seine grundsätzliche Abneigung gegen die individuelle Mobilität auf vier Rädern aus jeder Pore. Die Zielgruppe für seine App umfasst daher vor allem jene, die sich nicht mit dem eigenen Auto bewegen. Deutschlands urbane Bevölkerung soll umerzogen werden – zu Radlern, ÖPNV-Nutzern und Fußgängern. Weg mit dem Auto! Da dies aber bislang weder mit medialer Dauergehirnwäsche, noch mit der grünen Kostenschraube funktionieren will, setzt der Berliner Unternehmer nun auf den Faktor Missgunst. Es besteht kein Zweifel, dass er damit Erfolg haben wird. Schnell ist der vermeintliche Verkehrssünder gemeldet, ein Foto geknipst und eine Tirade ins Smartphone gehämmert. Klick – schon steht´s auf Twitter, Facebook & Co. Strößenreuther mahnt seine engagierten Autogegner zwar, das Kennzeichen unkenntlich zu machen, die Wagenfarbe will die App aber ebenso wissen, wie die Automarke und den genauen Standort. Durchaus vorstellbar, dass so mancher App-Nutzer „vergisst“, das Nummernschild zu schwärzen. Rechtliche Bedenken gibt es jedenfalls in Hülle und Fülle.

Dies scheint auch die Stadt Frankfurt so zu sehen, die wohl nicht ganz zu Unrecht befürchtet, die Initiative könne das Klima auf unseren Straßen vergiften. Die Straßenverkehrsbehörde der Main-Metropole gehört zu den Kommunen, die dankend ablehnten, als Strößenreuther sie zum Mittäter machen wollte. Der verkündet aber stolz, dass seine „Petzer-App“ bereits 100 Email-Adressen enthält, mittels derer auch gleich noch das Ordnungsamt eingeschaltet werden kann. Allerdings gilt das Verpfeifen über die App nicht als Anzeige und hat auch keinerlei rechtliche Beweiskraft. Doch vielleicht sollte man auch einmal in eine ganz andere Richtung denken: Jeder ärgert sich über rücksichtslose Falschparker und gedankenlose Spurblockierer. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass vor allem Radfahrer selten an Verkehrsregeln interessiert sind. Es ist also höchste Zeit, über die Einführung von Kennzeichen für Fahrräder nachzudenken. Wer am Straßenverkehr gleichberechtigt neben Kraftfahrzeugen teilnehmen will, sollte den Mumm haben, aus der Anonymität herauszutreten und sich selbst der Ahndung seiner Verkehrsdelikte zu stellen. Dann könnten endlich auch Radfahrer-Rowdies zuverlässig gemeldet werden. Die Autohasser-App wäre sicher plötzlich ganz schnell wieder vom Tisch!

3 Kommentare

  1. Nummernschilder für Fahrradfahrer?
    Wie wäre es wenn wir Fussgänger auch gleich mit Nummernschildern versehen? Oder noch besser: RFID Chips! Bekommt jeder gleich bei der Geburt implantiert, dann ist der „sozialen Gerechtigkeit“ auch gleich Genüge getan. Bezahlen kann man damit auch, wie praktisch. Nie wieder Bargeld! So kann man auch sehr effizient die Steuerhinterziehung bekämpfen. Schließlich kann niemand mehr heimlich und unbemerkt Geld irgendwo hintransferieren! Alles für die Sicherheit der Bürger!

    1. Sehr geehrter Herr Mabank, vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie zeigen richtigerweise auf, was heute in unserem Staat schon alles denkbar ist und wie weit wir uns als Gesellschaft bereits dem Sicherheitswahn ergeben haben. Mein überspitzter Vorschlag, Fahrräder mit Nummernschildern auszustatten, geht tatsächlich in eine ganz andere Richtung: Er dient der Illustration des Missstands, dass immer häufiger aus der sicheren Deckung der Anonymität denunziert wird. Dies wird aus meiner Sicht mit der beschriebenen App befördert.

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