29.03.2024 Herzlich willkommen!

Bitte links aussteigen: Wenn liberal nicht sozialistisch genug ist

Die FDP liegt am Boden. Zwar liegt zum Zeitpunkt des Erscheinens des heutigen Beitrags das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen noch nicht vor, doch deuten die Umfragen darauf hin, dass auch dort der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit droht. Und das, obwohl sich die Bilanz der letzten verbliebenen schwarz-gelben Koalition auf Landesebene durchaus sehen lassen kann und die Sachsen-FDP als Hochburg echter Liberaler gilt. Doch offenbar gibt es immer weniger Menschen in Deutschland, die der Meinung sind, dass die FDP noch gebraucht würde. Und auch immer mehr Mitglieder scheinen das so zu sehen. Vielen ist die FDP heutiger Prägung zu beliebig in ihren Positionen, nachdem die Parteiführung aus dem Scheitern bei der Bundestagswahl den fatalen Fehlschluss gezogen hatte, man müsse sich als liebenswerter Kümmerer sozialer Interessen neu erfinden. Dies ist nicht nur wenig authentisch, sondern macht die FDP als fünfte sozialdemokratische Kraft im etablierten Parteienspektrum in der Tat überflüssig. In weiter Ferne liegt das von Parteichef Christian Lindner formulierte Ziel, den vielbeschworenen Geist sozialliberaler Regierungen wiederauferstehen zu lassen. Und das ist gut so.

Lindners Linksdrall sorgt für gewaltige Unruhe in den Reihen der Liberalen und dürfte einer der Hauptgründe dafür sein, dass die FDP inzwischen bei nur noch 3% Zustimmung dümpelt. Umso mehr sorgte am Wochenende die Ankündigung ausgerechnet einiger FDP-Politiker des linken Flügels für Erstaunen, man werde in Kürze eine neue Partei gründen, weil der sozialliberale Lindner-Kurs nicht weit genug nach links führe. Der „Klodeckel des Tages“ ist den Initiatoren um den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Hamburger FDP, Najib Karim, damit sicher. Die Grundzüge ihres Parteiprogramms lesen sich wie ein linkes Manifest. Wortgewaltig werden die „Zwänge der neuen, anonymen und international agierenden Monopole“ gegeißelt und dazu aufgerufen, der „Perversion des Liberalismus“ etwas entgegenzusetzen. Man wolle nicht länger Teil einer FDP sein, der man unterstellt, sich als Lobbyist „speziell bürgerlicher Interessen“ zu definieren. Mit der Abgrenzung zum Bürgertum offenbaren die Aussteiger ihre Gesinnung – und lassen den ratlosen Beobachter mit der offenen Frage zurück, warum sie sich nicht lieber den kapitalismusfeindlichen Kollegen der Linkspartei oder der Piraten anschließen.

Vor mehr als 30 Jahren ist eine sozialistische FDP-Abspaltung schon einmal gescheitert. Die „Liberalen Demokraten“ vermochten niemals nennenswerten Zuspruch zu erlangen und es gibt wenig Grund anzunehmen, dass es diesmal anders sein wird. Wer sich nach den seligen Zeiten der 1970er Jahre zurücksehnt, als FDP und SPD ein kongeniales Regierungsduo bildeten, verkennt ohnehin die Besonderheit der politischen Rahmenbedingungen jener Ära. Angesichts des Ost-West-Konflikts, tiefer wirtschaftlicher Krisen mit erbitterten Arbeitskämpfen und eines schwierigen deutsch-deutschen Verhältnisses hatten damalige Liberale keinerlei Mühe, den Freiheitsbegriff mit Leben zu füllen. Zwar gibt es auch heute vielfältige Bedrohungen der persönlichen Freiheit, doch werden diese von der Mehrheit offenbar als weniger bedrohlich angesehen. Vielleicht hat sich der Liberalismus-Begriff in einer saturierten Demokratie einfach überlebt. Zumindest muss er neu definiert werden: Heute wird die Freiheit vor allem von der Politik selbst bedroht. Doch welcher Politiker würde schon dafür eintreten, dass die Bürger vor ihm geschützt werden?

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