Ein grandioses Feuerwerk. Zwei Kandidaten, die sich nichts schenken. Eine leidenschaftliche Debatte voller unterschiedlicher Positionen. So würde ich mir ein TV-Duell drei Wochen vor der Bundestagswahl einmal wünschen. In Deutschland wird dies wohl ein Traum bleiben. Zu sehr wissen die Parteien, dass sie beim Publikum am wenigsten riskieren, wenn sie Politik als Einschlafhilfe darbieten. Wer zuspitzt, wer klar Position bezieht, wer den politischen Gegner attackiert, kann nur verlieren in einem Land, das nichts mehr hasst als den offenen Disput. Die gleichermaßen obrigkeitshörigen wie harmoniesüchtigen Deutschen möchten, dass sich ihre Volksvertreter vertragen. Politischer Streit ist ihnen unangenehm. Vor allem möchten sie sich mehrheitlich gar nicht so recht einmischen. Lebendige Demokratie macht ihnen Angst. Nicht umsonst ist Deutschland in acht der letzten zwölf Jahre von einer großen Koalition regiert worden – ein Modell, das von den Wählern auch nun wieder favorisiert wird. Und nicht umsonst steht die Wiederwahl einer Kanzlerin bevor, deren Vermächtnis einmal sein wird, das Land entpolitisiert und entdemokratisiert zu haben. Wo sich einst unterschiedliche Überzeugungen gegenüberstanden, die in den beiden großen Parteien ihre jeweilige Heimat fanden, ist Politik mittlerweile zum langweiligen Schaukampf mit vorhersagbarem Ausgang verkommen. Kein Streit mehr um den überzeugendsten Lösungsansatz, kein Ringen mehr um den vielversprechendsten politischen Kurs. Einigkeit, wohin man schaut, abgesehen von der Frage, wer die gleiche vieler gleicher Ideen wohl zuerst hatte.
Ein unbelasteter Kandidat hätte Angela Merkel ihr krasses Versagen auf allen großen Politikfeldern vorhalten können
In einem Staat, in dem sich vor allem die beiden größten Parteien kaum mehr unterscheiden, ist es letztlich fast egal, wer gerade regiert. Zumal, wenn die Kanzlerin Angela Merkel heißt und genauso gut die Vorsitzende der SPD oder der Grünen sein könnte. Wer also mehr erwartet hatte vom großen TV-Duell, hat wohl sehr lange nicht in diesem Land gelebt. Dabei gäbe es so viel zu diskutieren und noch viel mehr zu tun: Statt Wohlfühlphrasen, Willkommensappellen und der Jagd auf vermeintliche Hetzer bedürfte es eines entschlossenen Handelns gegen den Terror, klarer Ansagen an den Islam und eines vorbehaltlosen Bekenntnisses zu Verfassung und Rechtsstaat. Doch lieber lässt sich eine prinzipienlose Berufspolitik von gemeinwohlschädlichen Nichtregierungsorganisationen, besessenen Öko-Stalinisten und ideologisierten Journalisten diktieren, was sie zu tun hat. Und Martin Schulz? Der hatte an diesem TV-Abend kaum eine Chance. Ein unbelasteter Kandidat hätte Angela Merkel ihr krasses Versagen auf allen großen Politikfeldern vorhalten können. Nicht so der Berufspolitiker aus Brüssel, der sich seither so gerne als kleiner Mann aus Würselen gibt. Er hat die irre Euro-Politik ebenso sehr zu verantworten wie Merkel, hat den Hurra-Schrei über die millionenfache Zuwanderung noch lauter ausgestoßen als die Kanzlerin und buhlt mit seiner SPD noch offensichtlicher um die muslimische Zuneigung. So war das Duell schon deswegen keines, weil sich zwei trafen, bei denen Unterschiede kaum auszumachen sind.
Ein einziges Mal konnte Schulz Merkel überraschen, als er die Tür zum türkischen EU-Beitritt mit einem lauten Krachen zuschlug
Phasenweise schien der Herausforderer der Kanzlerin gar applaudieren zu wollen. Wenn das heftige Kopfnicken des SPD-Vorsitzenden gerade nicht von den Kameras eingefangen wurde, fiel Schulz seiner Mitstreiterin belobigend ins Wort, um ihr Respekt zu zollen und sie seiner Zustimmung zu versichern. Ein einziges Mal konnte Schulz Merkel überraschen: Wie aus dem Nichts verkehrte er seine bisherige Position ins Gegenteil und schlug die Tür zum türkischen EU-Beitritt mit einem lauten Krachen zu. Für einen kurzen Moment konnte man erahnen, welches Potential in einem solchen Abend hätte stecken können. Merkel, die sich so gerne um eindeutige Antworten drückt, sah sich plötzlich genötigt, den Überbietungswettkampf anzunehmen – und fühlte sich sichtlich unwohl angesichts der erzwungenen Festlegung. Ein fast nicht mehr vermutetes Highlight in einem ansonsten belanglosen Plauderründchen. Und noch eine andere Überraschung gab es: Verstehen sich die Moderatoren normalerweise als artige Stichwortgeber, übten sie erstmals seit langer Zeit den Beruf des Journalisten wieder aus. Kritisch und beharrlich fühlten sie den politischen Zwillingen auf den Zahn, freilich ohne etwas zu bewirken, weil die beiden sich fast immer einig waren. Nicht die Berufspolitiker, sondern die vier Befrager schienen den Abend nutzen zu wollen, um Punkte beim Publikum zu sammeln. Die Zuschauer sahen am Ende Merkel klar vorne. Ein verwandelter Elfmeter ohne Torwart – es war alles so schrecklich vohersehbar.
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