Der „Klodeckel“ geht diesmal an die 464 Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die sich am Freitag in namentlicher Abstimmung für die abermalige Anhebung der eigenen Bezüge aussprachen und dabei zugleich einen Automatismus für künftige Erhöhungen einbauten, der Bundestagsmitgliedern bald Jahresgehälter von 120.000 Euro und mehr bescheren wird. Es ist eine Farce, dass Parlamentarier die einzige Berufsgruppe bilden, die ihre Entlohnung selbst festlegt. Millionen unserer Steuergelder werden auf diese Weise unter einer kleinen gierigen Truppe aufgeteilt. Nur gelegentlich und geringfügig regt sich Widerspruch, der jedoch keinerlei Schlagkraft entfaltet und daher von den Selbstbedienern nur müde belächelt wird. Bereits in Vergessenheit geraten scheint auch, dass sich die Abgeordneten des Bundestages erst vor kurzem einen „fetten Schluck aus der Pulle“ gönnten. 2011 erhöhten sie sich nämlich in einer Nacht- und Nebelaktion ihre monatlichen Bezüge mal eben auf 7.960 Euro, um sie eineinhalb Jahre später auf 8.252 Euro steigen zu lassen. Mit dem nun verabschiedeten Gesetz sichern sich die Unersättlichen eine weitere fast zehnprozentige Steigerung innerhalb eines Jahres.
Zwar folgte der Bundestag mit seinem Votum der eigens gebildeten „Expertenkommission“, doch dürften wohl nur die naivsten Zeitgenossen davon ausgehen, dass hier ein unabhängiges Gremium die Vorarbeit zu einer politisch gewollten Entscheidung geleistet hat. Vergessen werden sollte auch keinesfalls, dass die 631 Bundestagsabgeordneten steuerlich wie Beamte behandelt werden und damit nur einen Bruchteil dessen entrichten müssen, was normale Arbeitnehmer mit vergleichbarem Gehalt leisten. So durfte sich 2013 ein verheirateter MdB mit zwei Kindern in Steuerklasse 3 über ein Jahreseinkommen von mehr als 73.000 Euro netto freuen. Für den Fall, dass dieser Abgeordnete keine Kirchensteuer zu entrichten hatte, lag der Gesamtanteil seiner Abzüge nicht einmal bei 25%, weil Parlamentarier keine Sozialabgaben leisten. In der nächsten Legislaturperiode wird dann aller Voraussicht nach erstmals in der deutschen Geschichte ein Platz im Bundestag mit einem Grundgehalt von mehr als 10.000 Euro brutto im Monat vergütet. Da läuft dem Nachwuchs in den Kaderschmieden der Parteien das Wasser im Mund zusammen. So viel lässt sich als ewiger Student nirgends verdienen.
Zwar hat der Bundestag zugleich auch die Regelungen für die Altersbezüge der Abgeordneten leicht verschärft, doch sind die Abschläge durch den Mehrverdienst schon lange vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters überkompensiert und damit reine Augenwischerei. Zudem darf jeder Bundestagsabgeordnete zusätzlich mehr als 4.200 Euro monatlich steuerfrei dafür einstreichen, dass er ein Büro unterhält und ihm Kosten im Zusammenhang mit seinem Mandat entstehen könnten. Wer es geschickt anstellt, verfügt also schon heute über 10.000 Euro netto im Monat. Angesichts dieser Zahlen sollte irgendwann auch dem braven deutschen Michel einmal der Kamm schwellen. Die Diätenerhöhungen werden nämlich in diesem und im kommenden Jahr den Bundeshaushalt mit mehr als fünf Millionen Euro zusätzlich belasten, während allerorten Sparsamkeit verordnet wird. Es verwundert angesichts dieser Entwicklung schon, mit welchem Langmut immer weitere Zumutungen am eigenen Wohnort erduldet und sich nach wie vor kommunalpolitisch engagiert wird. Wir brauchen endlich einen Aufstand der Anständigen! Stoppen wir die Berliner Selbstbediener! Wir sind das Volk!
Könnten Sie “steuerlich wie Beamte behandelt werden…“ ein wenig konkretisieren? Denn ich als Beamter habe das “dumpfe Gefühl“, nach der gleichen Bemessungsgrundlage und mit der gleichen Tarifvorschrift wie alle anderen auch besteuert werden. Was im Übrigen auch für die Abgeordneten, abgesehen von der steuerfreien Pauschale, gilt. Bei aller Berechtigung dieses Klodeckels, solch rechtlicher Unfug ist der Botschaft nicht zuträglich.
Vielen Dank für Ihr Feedback, auf das ich gerne eingehen möchte. Ich freue mich über den regen Austausch mit meinen Lesern und nehme zu zutreffender Kritik natürlich auch Stellung. Sie haben insofern recht, als meine Formulierung unscharf ist. Es geht an dieser Stelle in der Tat nicht um den Begriff der Einkommenssteuer. Vielmehr hebe ich darauf ab, dass Politiker wie Beamte von der Zahlung der Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung befreit sind. Es geht also um den effektiven Gehaltsvorteil, der dadurch schon bei mehr als 12% (reiner Arbeitnehmeranteil) liegt. Dazu kommt in der Regel eine private (statt der für Angestellte üblichen) gesetzlichen Krankenversicherung. Ich hätte korrekterweise davon sprechen müssen, dass Politiker mit Blick auf die Sozialabgaben wie Beamte behandelt werden. Inhaltlich ändert dies aber (wie Sie ja selbst sagen) nichts an der Gesamtaussage. Und augenzwinkernd sei hinzugefügt, dass gerade veile jüngere Beschäftigte die Zahlung ihres fast 10%-igen Anteils am Rentenbeitrag inzwischen als eine Art Steuer begreifen, weil sie sich kaum noch einen späteren Rückfluss erhoffen.
Herzliche Grüße aus Kelkheim
„die Zahlung ihres fast 10%-igen Anteils am Rentenbeitrag“
Demagoge oder machen Sie nur einen Denkfehler? Es sind ca. 20%. Der „Arbeitgeber-Anteil“ wird nämlich auch vom AN erwirtschaftet und einfach bereits vor dem Bruttolohn einbehalten. Genau wie bei Krankenkasse etc.
Sie haben völlig recht, aber im Artikel ging es um die Betrachtung der Zahlen aus Sicht des „Arbeitnehmers“ Abgeordneter. Dass wir als Steuerzahler auch den AG-Anteil zahlen müssen, macht die Sache ja nur noch schmimmer.