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Die Wende-Wende: Thüringen bekommt ein Stück DDR zurück

Am kommenden Freitag will er Deutschlands erster sozialistischer Ministerpräsident werden – den „Klodeckel des Tages“ bekommt er heute schon. Bodo Ramelow, Thüringens designierter Landesvater, erregt die Gemüter. War schon die Bildung der rot-rot-grünen Koalition nach der Landtagswahl ein Schlag ins Gesicht der vielen Menschen, die unter dem Linksterror des ostdeutschen Unrechtsstaats gelitten haben, so sind Ramelows aktuelle Äußerungen ein weiterer Beleg dafür, dass er offenbar von der Wiedererrichtung der DDR träumt. Was Angela Merkel auf leisen Sohlen (und für viele kaum merklich) Stück für Stück bereits seit Jahren betreibt, strebt der Fraktionsvorsitzende der Thüringer Linkspartei weit weniger subtil an. Zu seinem Traum von der „DDR 2.0“ gehört unter anderem die Rehabilitierung der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen KPD. Dieses hatte der Partei damals bescheinigt, die Demokratie mit aggressiven Methoden beseitigen zu wollen. Als gäbe es keine wichtigen Themen für Thüringens Zukunft, ließ Ramelow wenige Tage vor seiner geplanten Kür mit der Forderung nach einer Aufhebung des seit fast 60 Jahren bestehenden Verbots aufhorchen.

Zwar hat sich die KPD nach der „Wende“ neu gegründet, weit weniger verfassungsfeindlich und als „KPD-Ost“, doch steht die Aufhebung des Parteiverbots für deren Vorgängerin nicht zur Debatte. Dass aber die beiden machtversessenen Koalitionspartner selbst auf Nachfrage nicht Stellung beziehen wollten und Ramelows Vorstoß ignorierten oder gar bagatellisierten, muss niemanden wundern. Wer möchte schon eine Woche vor dem geplanten Coup Schuld daran sein, dass der Weg an die fetten Fleischtöpfe der Politik im letzten Moment noch verbaut sein könnte. „Augen zu und durch“ lautet das Motto bis zum Wahlgang im Thüringer Landtag. Und selbst aus der Bundespolitik traute sich niemand, den Parteikollegen in die Parade zu fahren. Nicht einmal die aus Thüringen stammende Katrin Göring-Eckardt, immerhin Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, wollte dem Hurra-Ruf Ramelows auf die DDR etwas entgegensetzen. Dabei war gerade sie eine der treibenden Kräfte der damaligen Bürgerrechtsbewegung. Aber auch bei der SPD zog man die Köpfe ein. Die Sozis können ihr Glück wohl immer noch nicht fassen, trotz einer krachenden Wahlniederlage in Thüringen weiterhin mitregieren zu dürfen.

Bezeichnend ist, welch geringen medialen Aufruhr der erste deutsche Ministerpräsident von der Linkspartei auslöst. Hier und da eine Regung der konservativen Leitmedien, mitunter ein bittersüßer Kommentar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, aber weit und breit kein Aufschrei der journalistischen Berufsbetroffenen. Viele von ihnen dürften das „Projekt Ramelow“ gar mit Wohlwollen betrachten. Ihre Sympathien für den Sozialismus können einige ohnehin nur schwerlich verbergen – oder wollen es gar nicht erst. Die Nachfolgepartei der SED ist vor allem durch die deutschen Medien hoffähig geworden. Wird ein politisches Erstarken rechtsnationaler Kräfte mit größtmöglicher öffentlicher Wachsamkeit verhindert, gilt dies nur 25 Jahre nach dem Mauerfall für extreme Linke schon lange nicht mehr. So können die Erben des SED-Regimes sich mehr oder weniger offen zu einer menschenverachtenden Diktatur bekennen. Dabei sind die aus Westdeutschland in die „Linke“ eingewanderten Altvorderen vom Schlage Ramelows politisch gefährlicher als die unverbesserlichen DDR-Romantiker im Osten. Und nicht mal die wollten Ramelow: Nur 15% aller Thüringer Wahlberechtigten entschieden sich im September für die Linkspartei. Demokratie kann wirklich ungerecht sein.

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