28.03.2024 Herzlich willkommen!

Unruhestifter im Friedensprojekt: Was uns der Brexit über die Europäische Union verrät

brüssel photo
NakNakNak / pixabay

Nichts hat die Diskussion über die Europäische Union so sehr in unsere Wohnzimmer getragen, wie die unendliche Geschichte vom Austritt Großbritanniens. Noch immer ringt das Vereinigte Königreich um den richtigen Weg. Begleitet von wütenden Tiraden, vernichtenden Untergangsszenarien und jeder Menge wilder Drohungen seitens der kontinentalpolitischen Kaste und deren Hofberichterstatter, hat die britische Regierung einen atemberaubenden Schlingerkurs hingelegt, dem eine Regierungschefin und unzählige Minister zum Opfer gefallen sind. Nun scheint der abschließende Show-Down nah, und es ist nicht mehr auszuschließen, dass das Mehrheitsvotum der Briten Makulatur sein könnte, mit dem sie im Sommer 2016 den Auftrag zum Verlassen der Europäischen Union erteilt haben. Dass man nun schon so lange in einer politischen Sackgasse feststeckt, liegt allerdings nicht nur daran, dass die Befreiung aus der Brüsseler Umklammerung ausgesprochen kompliziert und insbesondere mit der Klärung der künftigen Rolle Nordirlands verbunden ist. Mehr noch als an dem aus Londoner Sicht unbefriedigenden Verhandlungsergebnis von Ex-Premierministerin May, scheitert die Lösung an einer zerstrittenen Regierungspartei und einer unentschlossenen Opposition. Dass die Konservativen bis heute – wenngleich nun ohne Parlamentsmehrheit – regieren, ist allein der Tatsache geschuldet, dass die Labour Party zu schwach ist, um einen Regierungswechsel nach Neuwahlen herbeizuführen. Dies könnte sich allerdings in den kommenden Monaten ändern. Denn die abermalige Verschiebung des Austrittstermins bringt Premierminister Johnson unter Druck.

In den Hintergrund gerückt ist die Frage, was das Verlassen der Europäischen Union für das Vereinigte Königreich am Ende wirklich bedeuten könnte

Schon die britischen Ergebnisse der Europawahl haben gezeigt, wie sehr es die konservativen Wähler leid sind, dass ihre Partei den EU-Austritt nicht hinbekommt. In Scharen liefen sie damals zur gerade erst gegründeten Brexit Party über. Die Ernennung Boris Johnsons zum Nachfolger der glücklosen Theresa May sorgte über Nacht für einen Stimmungsumschwung. Seither bescheinigen Umfragen der Regierungspartei eine satte Mehrheit, sollte das britische Parlament neu gewählt werden. Johnson setzt daher alles daran, so schnell wie möglich Neuwahlen zu erzwingen. Er weiß, dass die Uhr tickt. Sein eigenes politisches Schicksal, aber auch die „Brexit“-Frage selbst, hängen am seidenen Faden, seit er in nur einer Woche alles verspielt zu haben scheint. In den Hintergrund gerückt ist dabei die Frage, was das Verlassen der Europäischen Union für das Vereinigte Königreich am Ende bedeuten könnte. Hatten viele Kommentatoren den Briten schon 2016 prophezeit, dass ihre Wirtschaft mit Blick auf die ungewisse Zukunft einbrechen und große Unternehmen dem Land zuhauf den Rücken kehren würden, ist davon bis heute wenig zu sehen. Der britische Arbeitsmarkt hat sich, ganz im Gegenteil, in den letzten Jahren prächtig entwickelt und die Wachstumsraten halten locker mit denen der großen EU-Länder Schritt. Zwar kann sich auch die britische Wirtschaft dem einsetzenden Abwärtstrend nicht entziehen, der Europa erfasst hat, doch wäre es unseriös, dies in einen direkten Zusammenhang mit dem „Brexit“ bringen zu wollen. Eine Studie kam ohnehin bereits 2016 zu der Feststellung, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union keinen positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum hat.

Die verbissene Etablierung eines Zentralorgans und die unsinnige Einführung einer Gemeinschaftswährung haben Instabilität über Europa gebracht

Natürlich sind diese Fakten auch in Brüssel und Berlin bekannt. Doch die Verfechter des Europäischen Bundesstaats würden sich eher die Zunge herausschneiden lassen, als zuzugeben, dass es sich auch ohne EU-Mitgliedschaft vortrefflich wirtschaften und leben lässt. Nicht nur Norwegen und die Schweiz zeugen davon. Gerne wird behauptet, man könne gegen die weltbeherrschenden Wirtschaftsmächte nur durch Größe bestehen. Das scheint jedoch weder für Länder noch für Unternehmen zu gelten. Der Erfolg des deutschen Mittelstands, der viele Weltmarktführer stellt, beweist jedenfalls das Gegenteil. Auch das Argument, die Europäische Union sei das zentrale Element der Friedenssicherung auf dem Kontinent, greift nicht. Es blendet mehr als vier Jahrzehnte des Friedens vor deren Gründung im Jahr 1993 aus. Tatsächlich sehen wir, dass die verbissene Etablierung eines europäischen Zentralorgans und die unsinnige Einführung einer Gemeinschaftswährung große Instabilität über Europa gebracht haben. Wer Menschen zwingt, einer Vereinigung anzugehören, statt sie für diese zu begeistern, wer supranationale Organisationen für demokratischer hält als die gewählten nationalen Parlamente, wer Selbstbestimmung und Eigenverantwortung dem Irrglauben opfert, das Streben nach Wettbewerb sei unsozial, der gefährdet überhaupt erst den Frieden in Europa. Wir leben in einer Europäischen Union, in der missliebige Regierungen zwar nicht mehr weggebombt, aber auf anderen Wegen entfernt und die vielen Millionen Bürger, die ihre staatliche Souveränität verteidigen, zwar nicht mehr erschossen, aber mundtot gemacht werden. Ist das nicht auch eine Form der Kriegsführung?

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8 Kommentare

  1. Dieser Verlotterte Haufen von Provitören und Günstlingen in Brüssel
    hat auf lange Sicht gesehen keine Zukunft! Diese Leute haben sich ausserhalb
    jeder Verantwortung gestellt. Sie sind von Niemanden Autorisiert von Niemanden Gewählt
    und von Keinen in der Jetzigen Form gewollt! Dieses Gebilde namens EU ist ein verschwohrener
    Haufen der Banken und Konzerne, die Schalten und Walten wie Sie wollen, aber auch nicht ganz.
    Denn Unsere“ Freunde „aus Übersee, haben ein wachsames Auge und dulden keine all zu Große
    Eigenständigkeit und schon garnicht eine Unabhängigkeit!!
    Der Geplante Tot der Nationalstaaten wird ein anderes Ende nehmen als angedacht. Das ist sicher!

  2. Gefangen in dem Moloch „EU“. Das wird uns anschaulich vorgeführt. Die EU ist das Ende der Souveränität der Nationalstaaten und der Selbstbestimmung. Die Konstruktion der EU ist ein Hohn für die Prinzipien der Demokratie. Dagegen war der Vorläufer der EU, das französische Kolonialreich harmlos. Indochina und Algerien konnten sich in blutigen Kriegen aus der Knechtschaft befreien. Dien Bien Phu, wo die Kolonialtruppen und Fremdenlegionäre starben, war ein Triumph des Freiheitsstrebens. Man fragt: Warum kann sich Großbritannien nicht per Wahl von diesem Moloch befreien. Statt dessen wird ein Spiel nach den Regeln der französischen Diplomatie gespielt. Die Strukturen der EU wirken hinter der Frontlinie der Nationalstaaten. In großem Umfang benutzt die EU die Tributzahlungen der Nationalstaaten, um in deren Land eine „EU“-Infrastruktur zu errichten. Dadurch wird ein Netz von Kollaborateuren finanziert und alimentiert, die das System der EU vertreten. Aus der Hand der EU erhalten diese privilegierten Kolaborateure einen Teil des Geldes zurück, das die Nationalstaaten als Tribut nach Brüssel zahlen müssen. Jetzt wollen die EU-Freunde im britischen Parlament den „Non-Brexit“ per Gesetz festschreiben, bevor gewählt werden darf. Damit wäre die Entscheidungsfreiheit über den Brexit weg. Wir werden erinnert an die ewige Gefangenschaft in Hotel California:
    ‚We are programmed to receive.
    You can check out any time you like,
    But you can never leave!‘

  3. Ich schätze die Gedanken von Herrn Peymani als unabhängigem tendenziell konservativem Polit-Denker sehr und lese sie immer, wenn ich sie z.B. über mein Vera-Lengsfeld-Mailabo bekomme.

    Als ehemaliger Technologie-Unternehmer war ich 30 Jahre Mitglied der FDP (wie er heute), bin aber 2013 aus- und in die damalige Lucke-AfD eingetreten, in die LKR gefolgt, heute aber kein Parteimitglied mehr. In Güterabwägung wähle ich heute AfD, würde unter österreichischen Verhältnissen (ÖVP/FPÖ) aber schwierige taktische Erwägungen zu entscheiden haben, z.B. ob ich eine – mit einer Kurz-ÖVP vergleichbare – Maassen-CDU wählen würde, oder bis zu deren sicherer Etablierung im konservativen Spektrum zunächst weiter eine AfD.

    Mit meinem Hintergrund will ich die schwierige Positionierung im rechten Spektrum sichtbar machen, die aufgrund des mMn regelrechten „linksgrünen Hasskrieges“ als Spektrum für die breite Öffentlichkeit kaum noch erkennbar wird. Insofern Danke für solche Artikel wie den hier kommentierten. Gut auch z.B. der „Spatzen“-Artikel.

    Gleichzeitig habe ich genau in diesem Kontext auch eine spontane Kritik an Herrn Peymanis Artikel, wenn er schreibt:

    „Nun scheint der abschließende Show-Down nah, und es ist nicht mehr auszuschließen, dass das Mehrheitsvotum der Briten Makulatur sein könnte, mit dem sie im Sommer 2016 den Auftrag zum Verlassen der Europäischen Union erteilt haben“

    Würde er das auch schreiben, wenn das (am Rande: viel mehr von Stimmungen als von Fakten aufgepeitschte) damalige Referendum nicht 52% : 48% ergeben hätte, sondern z.B. 50,1% : 49,9%? Und was wäre bei 49,9% : 50,1%?

    Ich selbst würde mir ein Neu-Referendum auf dem heutigen Kenntnisstand sehr wünschen. Und es hat schon seinen Sinn, wenn z.B. Grundgesetzänderungen nicht mir einfachen Mehrheiten möglich sind…

    Am Rande: für mich stellt das Schweizer politische System subjektiv fast schon ein irdisch-real mögliches Perfektum dar…

    1. Nicht ohne Amüsement stelle ich fest, dass der von mir in meinem obigen Kommentar zitierte Artikeltext

      „Nun scheint der abschließende Show-Down nah, und es ist nicht mehr auszuschließen, dass das Mehrheitsvotum der Briten Makulatur sein könnte, mit dem sie im Sommer 2016 den Auftrag zum Verlassen der Europäischen Union erteilt haben“

      ein mittlerweile im Originalartikel und in meinem Kommentar ganz leicht geänderter zu sein scheint. Ursprünglich hatte Herr Peymani meiner sehr sicheren Erinnerung nach nämlich geschrieben „…mit dem sie im Sommer 2016 den eindeutigen Auftrag…“. Also mit Verwendung eines zusätzlichen qualifizierenden Adjektivs zu „Auftrag“. Zum Beispiel „eindeutig“ oder sehr ähnlich, denn aus dem Gedächtnis kann ich das von ihm ursprünglich konkret verwendete qualifizierende Wort natürlich nicht mehr sicher erinnern. Es kann sich auch um ein entsprechendes qualifizierendes Adjektiv vor „Mehrheitsvotum“ gehandelt haben, aber ich glaube eher vor „Auftrag“.

      Der Aufrichtigkeit halber hätte Herr Peymani dies auch kurz in einem Kommentar schreiben können, statt es „stiekum“ zu tun und dabei sogar in meinen Kommentartext einzugreifen…

      1. Meiner eigenen Aufrichtigkeit halber ergänze ich, dass ich weiter nachgeforscht habe und in Tichys Einblick einen Artikel gefunden habe (https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/brexit-eine-frage-der-souveraenitaet/), in dem der folgende Text vorkam:

        „Dies zeigt sich daran, dass die britischen Abgeordneten dieses Wählervotum nicht umsetzen, obwohl bei der Brexit-Abstimmung sogar explizit ein Element der direkten Demokratie mit eindeutigem Abstimmungsergebnis genutzt wurde“

        Sollte ich mich in meinem obigen Kommentar insofern mit meinem Gedächtnis-Verdacht gegenüber Herrn Peymani geirrt haben, dann bitte ich sehr um Entschuldigung.

        1. Sehr geehrter Herr Kübler,

          in der Tat hatten Sie sich geirrt. Ich nehme Ihnen dies selbstverständlich nicht übel und freue mich, dass Sie Ihren Irrtum aufklären. Für Ihr reges Interesse an meinen Publikationen und die freundlichen Worte, die Sie an anderer Stelle gefunden haben, danke ich Ihnen.

          Beste Grüße,
          Ramin Peymani

          1. Danke für die Annahme meiner Entschuldigungs-Bitte. Gut, dass ich es knapp noch selbst gemerkt hatte, denn meine ursprüngliche Verdächtigung war ja schon eine ziemlich heftige (paranoide) Zumutung…

            So schnell sicher nicht wieder… 😉

            MfG Falk Kuebler

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