Es soll ja hier nicht immer nur bitterernst zugehen. Und da uns die große Politik eher selten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern vermag, geht der „Klodeckel“ heute mal an ein Pferd. Der international mit etlichen Lorbeeren versehene Hengst Totilas, eine der größten Dressur-Entdeckungen des letzten Jahrzehnts, hat sich bei einem erst jetzt bekannt gewordenen Missgeschick, das sich bereits Anfang des Jahres ereignete, offenkundig nicht unerheblich verletzt. Dies wäre an sich keine wirklich außergewöhnliche Meldung. Doch der eigenwillige Niederländische Warmblüter hat sich seine Verletzung nicht beim Training oder im Wettkampf zugezogen, sondern bei außersportlichen Aktivitäten. Und ob er so bald wieder Lust darauf hat, bleibt abzuwarten. Dabei hat der Hengst ohnehin ein alles andere als gutes Jahr hinter sich. Sein großer Olympia-Traum platzte 2012, weil sein Reiter erkrankte. Und kurz vor Jahresende flog das üppig dekorierte Pferd gar aus dem Kader der deutschen Dressur-Nationalmannschaft. Die Pechsträhne setzte sich 2013 ungebremst fort, als der zunächst gewohnt spritzig wirkende Totilas, ein begehrter Deckhengst, im Januar bei der Produktion von Tiefgefriersperma plötzlich lahmte. Beim Bespringen des als Stutenattrappe dienenden Lederbocks hatte es Totilas so wild getrieben, dass er sich das Knie überdehnte. An Sport ist seither nicht zu denken, und langsam wachsen die Sorgenfalten bei seinen Besitzern. Pferd ist Geld – und der sündhaft teure Totilas hat im Verlaufe des zurückliegenden Jahres nicht viel davon eingeritten – zumindest nicht im Parcours. Zwar lässt sich auch mit dem Sexualtrieb des Tieres gutes Geld verdienen, doch wurde in der Vergangenheit wiederholt der Vorwurf laut, der unentwegte Einsatz als Deckhengst beeinträchtige dessen Turnierleistungen in der Dressur. Daher hatte die Eigentümergruppe entschieden, dem potenten Samenspender das zweifelhafte Bockspringvergnügen nur noch in den Wintermonaten zu gönnen. Offenbar hatte sich in der langen Zeit der Enthaltsamkeit aber so einiges aufgestaut beim stattlichen Hengst und die Gäule gingen mit ihm durch. Nun wird er sich eine ganze Weile schonen müssen. Rhythmische Bewegungen sind tabu – sowohl im Dressurviereck, als auch am Lederbock. Das dürfte auch die eifrigen Tierschützer freuen, die ganz genau hingeschaut hatten. Angesichts einer angeblich auffälligen Kopfhaltung des Pferdes beim sogenannten Abreiten hatten sie Strafanzeige wegen Tierquälerei gestellt. Die Staatsanwaltschaft schickte Gutachter zum Hof, sah sich bisher aber zu keinen weiteren Schritten veranlasst. Dabei kann man durchaus zu der Einschätzung kommen, dass Dressurreiten weniger die Perfektionierung des natürlichen Bewegungstriebs der Pferde ist, als vielmehr das Ergebnis eines harten Trainingsdrills mit recht fragwürdigen Methoden. Wirklich tierlieb ist es allerdings auch nicht, einem Hengst ein verheißungsvolles Tête-à-Tête mit einer rassigen Stute vorzugaukeln und ihm stattdessen eine Attrappe unterzujubeln. Vielleicht beschäftigt daher ja auch der missglückte Bocksprung bald die Staatsanwaltschaft. 😉
Ärger mit der „falschen Braut“ – ein Fehltritt mit Folgen
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