18.04.2024 Herzlich willkommen!

Brandherd Euro: Griechenlands Radikalisierung ist erst der Anfang

Letzte Woche habe ich auf die schwelende Euro-Krise hingewiesen, die für manchen schon erledigt schien. Sie war aber natürlich nie gelöst, sondern strebt unaufhaltsam dem großen Knall entgegen. Eigentlich drohte dieser bereits durch den gewaltigen Refinanzierungsbedarf Italiens, doch konnte sich die Regierung des Landes auf ihren Abgesandten im EZB-Tower verlassen, der im Januar die Notbremse zog. Der insgesamt auf mehr als 1,1 Billionen Euro veranschlagte Ankauf von Anleihen durch die EZB wird dafür sorgen, dass Italien und einige andere Euro-Staaten sich für die nächsten eineinhalb Jahre keine Gedanken machen müssen, woher das Geld kommen soll, um ihre unvorstellbaren Staatsschulden zu finanzieren. Nun aber ist etwas passiert, was selbst die EZB und ihre umtriebigen Auftraggeber aus der EU-Zentrale nicht verhindern konnten: Die Griechen haben sich eine Regierung gewählt, der die bisher getroffenen Vereinbarungen und unterzeichneten Verträge egal sind. Das war zwar abzusehen, doch darf man getrost behaupten, dass nun eine Zeitenwende in Europa angebrochen ist. In Griechenland hat 70 Jahre nach dem Ende des II. Weltkriegs in Europa erstmals wieder eine demokratisch legitimierte faschistische Regierung die Macht erobert.

So geht der heutige „Klodeckel“ an den neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Der Vorsitzende der linksradikalen „Syriza“ hat sich die Kollegen aus dem rechtsextremen Parteienspektrum dazu geholt, um regieren zu können. Europa steuert auf ungewisse Zeiten zu, denn die „national-sozialistische NS-Regierung“, wie Roland Tichy, früherer Chefredakteur der Wirtschaftswoche, sie nennt, birgt einen gewaltigen Sprengsatz. Anders als beim Euro behauptet, besitzt das kleine, wirtschaftlich eher unbedeutende Land nun tatsächlich die Möglichkeit, den Kontinent mit einer unberechenbaren Regierung aus Radikalen ins Verderben zu stürzen. Dass dies möglich wurde, haben vor allem die unverbesserlichen Euro-Verfechter aus Brüssel und ihre Gehilfen aus Paris und Berlin zu verantworten. Mit Ansage liefen sie in eine Sackgasse, vor der einige kluge Köpfe schon zur Euro-Einführung gewarnt hatten: Der Euro stiftet keinen Frieden, sondern bringt Europas Völker gegeneinander auf. Erneut meldeten sich die Mahner vor fünf Jahren zu Wort, als die ersten Beschlüsse zur milliardenschweren Stützung des Euro-unwürdigen Landes im Südosten Europas vorbereitet wurden. Genutzt hat es nichts.

Bis heute sind sage und schreibe rund 200 Mrd. Euro nach Griechenland geflossen, die jedoch weitgehend im Bankensektor versickert sind. Da braucht sich niemand zu wundern, dass die Griechen ihren europäischen Nachbarn nichts zurückzahlen wollen. Schuld an ihrer Misere sind sie allerdings selbst ganz allein, weil sie es nie verstanden haben, einen funktionierenden Staat aufzubauen. Doch mit ihrer Entscheidung zur weitgehenden Staatsfinanzierung hat die EZB das lodernde Feuer weiter angefacht. Schon melden sich Hunderttausende auf Spaniens Straßen zu Wort. Nicht ganz zu Unrecht bezeichnet der ehemalige Chefvolkswirt der Bundesbank Wolfgang Stark die Ankäufe der Staatsanleihen als „Atombombe“. Griechenland wird dies nicht retten, aber das Überleben Italiens und anderer Südstaaten für eine gewisse Zeit sichern. All das passiert auf Kosten der Menschen, die für ihr Alter vorsorgen. Sie werden wohl die nächsten „Montagsdemonstranten“ hierzulande sein, und die Politik täte gut daran, nicht auch sie zu verunglimpfen. Am Ende dürfte der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Ottmar Issing richtig liegen: „In der Geschichte hat noch keine Währungsunion souveräner Staaten überlebt.“

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