In Deutschland hat der verhasste Banker, der sich kalt lächelnd über alle guten Sitten hinweg setzt, seit dieser Woche ein unschönes Gesicht. Es ist das von Dirk Notheis, Deutschland-Chef von Morgan Stanley, eine der großen US-Investmentbanken, die nicht nur Mitverursacher der seit mehr als vier Jahren tobenden Finanzmarktturbulenzen ist, sondern seither an der Krise auch prächtig verdient. Die „Verrichter des Werkes Gottes“, wie der Chef der Konkurrenz von Goldman Sachs sich selbst und seine Kollegen so gerne sieht, sind längst zur Tagesordnung zurückgekehrt und bedienen sich wie gehabt rücksichtslos am Gemeinwohl. Der am Mittwoch öffentlich gewordene Email-Verkehr zwischen Notheis und dem damaligen Regierungschef in Baden-Württemberg, Stefan Mappus, zeigt auf widerliche Weise, welch Geistes Kind der oberste Vertreter Morgan Stanleys in Deutschland ist. In der Zurschaustellung von Gier und Selbstherrlichkeit sind seine Emails Zeitdokumente, die alle negativen Superlative bedienen, die der Branche anhaften. Treffend brachte es Ludwig Poullain auf den Punkt, Angehöriger einer fast ausgestorbenen Spezies ehrenwerter Bankiers, vor denen man noch Hochachtung haben konnte, weil sie ihr Geschäft als Diener für ihre Kunden verstanden und sich ehernen Prinzipien verpflichtet fühlten. Er beschrieb Notheis nun als „dreist, ungehobelt, schamlos“ und bescheinigte ihm, „jegliches Gefühl für Takt und Anstand vermissen“ zu lassen. Mir fallen weit weniger milde Formulierungen ein, wenn ich lesen muss, dass Notheis offenbar nicht nur den Ministerpräsidenten eines der potentesten Bundesländer herumkommandierte, sondern auch ansonsten nicht eine Spur Respekt vor Ämtern, Personen oder wenigstens moralischen Mindeststandards zu besitzen scheint. Da ist in der Kinderstube wohl arg viel schief gelaufen. Ich selbst habe mich einige Jahre beruflich in den Gefilden einer Investmentbank bewegt – und kann mir den Schlag Mensch, den wir hier erleben, bestens vorstellen. Mindestens so erbärmlich ist allerdings, dass sich ein gestandener Politiker als Marionette in einem falschen Spiel missbrauchen lässt. Man muss sich fragen, wer da tiefer gesunken ist, Mappus oder Notheis. Als wegen des Atomausstiegs der schmutzige Deal, der Kauf der Mehrheitsanteile am Energiekonzern EnBW durch das Land Baden-Württemberg, zum Fiasko geriet, sollte auch die renommierte Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die das Land beriet, mit in die Tiefe gerissen werden. Doch dies gelang weder Mappus, noch Notheis. Es wäre zu schön, wenn Morgan Stanley Notheis den Stuhl vor die Tür setzen und dieser auf keinem nennenswerten Posten mehr landen würde. Doch die Erfahrung lehrt uns leider etwas anderes…
Der EnBW-Deal – Die Politik als Marionette gieriger Banker
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