So schnell kanns gehen: Eben noch Titelstory mit einem flammenden Appell zugunsten allerlei kostspieliger Euro-Rettungseskapaden, jetzt schon fast Geschichte. Es wird nicht viel bleiben von Hans-Peter Keitel, noch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), an das man sich wirklich erinnern wird. Sein erfolgloses Strampeln gegen die vom spanischen Staat mit protektionistischer Maßlosigkeit erzwungene Übernahme von Hochtief durch ACS. Sein vehementes Eintreten für die letztlich gekippte Laufzeitverlängerung für Atomanlagen. Seine eher magere Bilanz an der Spitze des mächtigen Interessenverbandes der deutschen Großindustrie. Nein, selbst all die früheren Ehrungen, die fast selbstverständlich in einer sich gegenseitig immer wieder hochleben lassenden Clique einem Industriemanager so zufliegen, können nicht mehr darüber hinweg täuschen, dass Keitels Zeit vorbei ist. Und so kommt der gelernte Bauingenieur einer Demontage zuvor und verkündet überraschend, im kommenden Jahr nicht wieder für den BDI-Vorsitz zu kandidieren. Sein Nachfolger wird ausgerechnet ein Familienunternehmer. Was war passiert? Mit seinem zu Wochenbeginn mit großem Pathos in einer deutschen Wirtschaftszeitung gehaltenen Plädoyer für das Eingehen maximaler Risiken in der Staatsschuldenkrise ist Keitel weit übers Ziel hinaus geschossen – und die Mehrheit der BDI-Mitglieder wollte ihm dabei nicht mehr folgen. Er hatte unterschätzt, wie sehr sogar innerhalb des BDI die unaufhörliche Ausweitung des deutschen Haftungsrisikos inzwischen auf Unbehagen stößt. Keitels Gegner sind nicht mehr nur die Familienunternehmer, deren Verbandsspitzen ihn prompt ins Kreuzfeuer nahmen. Selbst die Industrieschwergewichte können sich zunehmend weniger für eine ausufernde Schuldenunion und den galoppierenden Demokratieabbau begeistern. Sie begreifen allmählich, dass auch für sie nichts mehr bleibt, wenn der deutsche Kuchen vom Rest Europas aufgegessen worden ist. Keitels Position ist da anders: Ganz im Geiste globaler Konzerne, die ihren Gewinn dort versteuern, wo es am günstigsten ist, ihre Produktionsstätten eben verlagern, wenn der Boden hierzulande zu heiß wird und sich ihrer Macht gegenüber erpressbaren Regierungen bewusst sind, befürwortet er den unbegrenzten Einsatz deutscher Steuermittel zur Subventionierung von Absatzmärkten. Und natürlich den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone, was man beim Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sicher gerne hört. Doch das Credo des BDI-Präsidenten ist pures Eigeninteresse, verkleidet im Gewand der Fürsorge für deutsche Arbeitsplätze. Man wünscht sich, dass auch all die Politiker, die am Freitag die Demokratie verraten haben, ihre Quittung so schnell erhalten, wie der auf Abruf stehende BDI-Chef.
Gescheiterter Euro-Fighter: Der Abgang des Hans-Peter Keitel
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