28.03.2024 Herzlich willkommen!

Hinter Gittern: Warum Boris Becker besser in die Politik gegangen wäre

Ichigo121212 / pixabay

Es war der 7. Juli 1985. Völlig überraschend hatte es ein 17-Jähriger ins Wimbledon-Finale geschafft und gewann das vielleicht bedeutendste Tennisturnier der Welt. Für das deutsche Tennis begann eine neue Zeitrechnung. Wimbledon sollte fortan sein Wohnzimmer sein und er kürte sich dort noch zwei weitere Male zum Sieger. „Ich wäre ein besserer Tennisspieler geworden, wenn ich Wimbledon später gewonnen hätte“, gab Boris Becker immer wieder zu Protokoll. Dabei war seine Profisportlerkarriere mit großen Erfolgen nur so gespickt. Weitaus weniger gut lief es für den Geschäftsmann Boris Becker. Pleiten, Pech und Pannen, aber auch eine Reihe privater Skandale, begleiteten seine Versuche, sich eine zweite Karriere zu erschließen. Sie gipfelten in einem Prozess vor dem Southwark Crown Court. Nun folgte der Urteilsspruch: Zweieinhalb Jahre Haft wegen mehrerer Insolvenzstraftaten. Es ist eine gewisse Ironie des Schicksals, dass sich der Kreis ausgerechnet in London schließt, der Wahlheimat des einst so unbekümmerten Teenagers aus Leimen. Die deutsche Tennislegende wird mindestens die nächsten 15 Monate im Gefängnis verbringen. Nach Ansicht der Geschworenen hatte Becker im Rahmen seiner Insolvenz im Jahr 2017 Vermögenswerte verschwiegen und Gelder auf andere Konten übertragen, um sie der Insolvenzmasse zu entziehen. Es wird wohl immer sein Geheimnis bleiben, ob er wirklich nur naiv oder falsch beraten war. Er habe jedenfalls nicht in böswilliger Absicht gehandelt, so sein Verteidiger. Das Gericht sah es anders. Es soll hier jedoch nicht darum gehen, das Urteil zu bewerten. Und Beckers Lebensleistung für das deutsche Tennis wird man immer würdigen müssen, ganz gleich, wie man zu seiner Person steht.

Berufspolitiker werden selten belangt, bestenfalls treten sie für eine Weile in hintere Reihen zurück, bis Gras über die Sache gewachsen ist

Machen wir einen Szenenwechsel und wenden wir den Blick auf die führende Politik. Vergesslichkeit, Schlamperei oder gar die Überzeugung, nicht entdeckt zu werden, findet man auch dort. Die Verstöße reichen von Flugmeilenvergehen über die Erschleichung von Sitzungsgeldern bis zur Verheimlichung großer Einkünfte, von erschlichenen Doktortiteln ganz zu schweigen. Dafür werden Berufspolitiker nur selten belangt. Bestenfalls schütten sie öffentlich Asche auf ihr Haupt und treten für eine Weile in hintere Reihen zurück, bis Gras über die Sache gewachsen ist, um dann aus dem scheinbaren Nichts bis in Ministerämter wieder aufzusteigen. Weitaus ärger ist es dort, wo Steuergelder verschwendet werden, weil man ideologische Rohrkrepierer durchsetzen will oder wider besseres Wissen handelt. Da sind wir schon näher am Fall Becker. Denn wer in der Politik Zugriff auf das Treuhandvermögen der Bürger hat, agiert nicht weniger niederträchtig, wenn er dieses für Zwecke einsetzt, bei denen schon von vornherein kein Nutzen für das Gemeinwohl erkennbar ist. Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist Jahr für Jahr prallgefüllt mit erschreckenden Beispielen. Die vor wenigen Tagen erschienene neueste Ausgabe kann kostenlos heruntergeladen werden. Eine Strafverfolgung müssen Berufspolitiker allerdings nicht fürchten, weil es entsprechende Straftatbestände für sie gar nicht gibt. Politiker sind eben keine Unternehmer. Und genau da liegt das Problem: Ohne eine Haftung analog dem Aktienrecht oder wenigstens den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches werden wir einer Kaste niemals Herr werden, bei der regelmäßig der Eindruck entsteht, dass ihr das Bewusstsein fehlt, als Treuhänder zu agieren. Der Gemeinwohlschaden übersteigt dabei häufig die Dimensionen, die die deutsche Tennislegende nun hinter Gitter gebracht haben.

Die Verschwendung von Steuergeld dient zwar nicht der persönlichen Bereicherung, doch wäre eine Strafverfolgung hier nicht minder wichtig

Schon lange plädiere ich für die Politikerhaftung. Gerne wenden die Betroffenen dann ein, dass dies ja gar nicht ginge und dass sich wohl bald niemand mehr fände, der noch in die bezahlten Parlamente oder gar in Regierungsämter strebe. Das ist natürlich kompletter Unfug. Auch das Argument, es fände sich kein Versicherer, der entsprechende Policen zu akzeptablen Konditionen anbiete, ist eine reine Schutzbehauptung. Die Managerhaftpflicht beweist das Gegenteil, die dort zu versichernden Summen stehen denen, um die es in der Politik geht, in wenig nach. Nein, sie wollen es einfach nicht. Und sie können selbst darüber entscheiden, wie über alles andere auch, was sie betrifft. Berufspolitiker, und dazu zählen nicht zuetzt bezahlte Parlamentarier, dürfen sich das Beste aus allen Welten aussuchen. Geldverschwendung dient zwar nicht der persönlichen Bereicherung, doch wäre eine Strafverfolgung hier nicht minder wichtig. Das Mittel zur Aufhebung der Immunität wird aber fast nur dort genutzt, wo man unliebsame politische Gegner loswerden will. So ist die Strafverfolgung von Parlamentariern und Amtsträgern zum politischen Stilmittel verkommen. Ansonsten herrscht Solidarität, da hackt die eine Krähe der anderen kein Auge aus. Boris Becker konnte auf derlei Abschirmung vor dem Rechtsstaat nie hoffen, Solidaritätsbekundungen hin oder her. Vielleicht hätte er nach seiner Tenniskarriere in die Politik gehen sollen. Er säße zwar jetzt vermutlich nicht in London, aber zumindest wohl auch nicht im Gefängnis. Ein kleiner Trost bleibt ihm: Verurteilte Straftäter ergattern sogar Posten in den höchsten politischen Gremien und internationalen Organisationen. Es ist also vielleicht doch noch nicht alles vorbei für den Mann, dessen zweite Karriere nun mit einem Paukenschlag zu Ende ging.

 

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15 Kommentare

  1. Schöner Vergleich…!
    Aber wer gebietet unseren stets lächelnden, selbstgefälligen, gängelnden, Fehlentscheidungen produzierenden, aalglatten und gefährlichen Partei-Ideologen endlich Einhalt in ihrem zerstörerischen Werk??!!

    1. einhalt gebieten ?
      das kann nur ein kleiner österreicher.
      aber – – – – wir wissen, dass das andere probleme aufruft.
      hatten wir alle doch schon mal.

      die andere variante ist die geschichte von andreas und ulrike. war auch nicht so gut, hat den pateien apparat auch nicht aufgehalten

      die 3te variante ist die corona impfung. nur wer von den politikern hat sich impfen lassen ??
      ich meine mit dem impfzeug, was die anderen bekommen haben ???

      es ist nicht einfach

  2. Sie nehmen sich immer mehr raus, weil sie es können. Niemand gebietet Ihnen Einhalt. Eine dumme Göre mit Sprachfehler darf ungehindert Kriegstreiberei von sich geben und Deutschland in der ganzen Welt lächerlich machen. Ein Mann, der mit Deutschland nichts anfangen kann, wird Wirtschaftsminister und rät uns, die Gardinen zuzuziehen um Heizkosten zu sparen, darf sich aber vom Juni auf eine Einkommenserhöhung von 300€ freuen. Henrik Broder fragt sich heute auch, wo die Schmerzgrenze der Deutschen ist. Es gibt sie nicht.Trotzdem danke Herr Peymani, für Ihre unaufgeregten und zutreffenden Analysen.

  3. „Schon lange plädiere ich für die Politikerhaftung“ schreiben Sie, so wie ich für die Residenzpflicht optiere. Wenn das grüne Schätzchen zum dritten Mal die Woche mit blauen Augen ohne das teuere neue Schmatzfon aus der Schule kommt, dann macht Grünmama dem Grünpapa schon ordentlich Dampf, dass die Behörden endlich was dagegen unternehmen und im Viertel mal aufräumen.
    Wohlan…

  4. Fehlverhalten scheint inzwischen ein Qualitätsausweis für höhere Ämter zu sein. Frau Laghard hatte es es mit öffentlichen Geldern nicht so genau genommen. Ähnliches gilt für Frau von der Leyen, die zu ihrer Berliner Zeit gegen Vergabevorschriften, die übrigens auf Brüssel zurückgehen, verstoßen hat. Das Fehlverhalten hoher Amtsträger hat langfristig Auswirkungen auf die einfachen Bürger. Wie der Herr, so’s Gescherr, sagt man. Man darf sich nicht wundern, wenn das Rechtsbewusstsein abnimmt und damit die Stabilität, die auf Recht und Ordnung beruht.

    1. „Das Fehlverhalten hoher Amtsträger hat langfristig Auswirkungen auf die einfachen Bürger. Wie der Herr, so’s Gescherr, sagt man. Man darf sich nicht wundern, wenn das Rechtsbewusstsein abnimmt und“ ……….
      ja , natürlich !!
      und in den nachrichten erzählen die was, man soll den rasen nur noch 1x pro monat mähen.
      wegen sicherung der artenvielfalt und dem insektensterben vorzubeugen ??
      aber……. ich habe das vorrausgesehen und vor 3 jahren schon das rasenmähen eingestellt !!
      ich habe aus der rasenfläche vor dem haus einen doppelparkplatz gemacht.
      (ach, der war jetzt gut) man kommt ja aus dem narrentempel nicht raus.

  5. Herr Peymani, welches Ministerium hätten Sie dem Boris denn angedacht ? Das Auswärtige Amt etwa ? Wie war nochmal das Interview von Boris ? “ Ich bin heut net so gut drauf, dehalb geh ich lieber net ans Telefon “ ? Noch einen Idioten mehr ? Sie machen mir Spass…..

    1. Sie haben mich falsch verstanden, ich habe mir keinesfalls Boris Becker in der Politik gewünscht. Gott behüte.

      Freundliche Grüße,
      Ramin Peymani

      1. Herr Peymani, Missverständnis, ich natürlich auch nicht, ich konnte mir aber eine kurze Assoziation nicht verkneifen, tut mir leid…..entschuldigen Sie ;o))

  6. Sehr guter Artikel! 😃
    Ich habe ihn gleich an über 40 Leute weitergeleitet.
    Nun, der Hellste war Bumm-Bumm-Bobele nie, aber eben ein herausragender Sportler.

    Anstatt in die Politik hätte er – bis zur Verjährung – auch ins Ausland gehen können.
    Brasilien z. B. (Hat kein Auslieferungsabkommen mit GB.)

    1. Da er, so wie ich ihn einschätze, noch immer ein ehrgeiziger Kämpfer ist, der nie aufgibt und seine Chancen stets zu nutzen weiß, wäre eine Flucht nach Brasilien vermutlich nicht sein Ding. Ich könnte mir eher vorstellen, dass ihm der Vorteil seiner neu erworbenen Zusatzqualifikation durchaus sehr bewusst ist. Möglicherweise liebäugelt Herr Becker schon längst mit einer Politkarriere. Er ist zwar rhetorisch nicht ganz so stark wie Annalena Baerbock und auch nicht so charismatisch wie Robert Habeck, aber dafür hat er – wie Claudia Roth – ein nachweisliches und sehr ausgeprägtes Faible für bunte Vielfalt bzw. vielfältige Buntheit. Darum denke ich auch, dass für „unseren Bobbele“ noch längst nicht alles vorbei sein muss. Und Politiker werden ja immer gebraucht.

  7. Würden die Gesetze eingehalten, dann bräuchte man nicht für Politikerhaftung plädieren, denn bei vorgeschriebener Anwendung der Gesetze käme Haftung zum Tragen, da selbst bei Immunität deliktische Schäden eine Ausnahme bilden.
    Was ist mit dem Gleichheitsgrundsatz: Vor dem Gesetz sind alle gleich?
    Wo steht im Gesetzbuch, dass sich ein Politiker nicht an Gesetze halten muss?
    Das Immunitätsgesetz, schafft es wie behauptet Rechtssicherheit, oder dient es mit seiner Unschärfe der Narrenfreiheit, die der Willkür Tür und Tor öffnet?
    Die Immunität stammt aus der Monarchie. Aber, ob sie heute noch zeitgemäß ist, darüber ließe sich trefflich streiten.

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