Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. In Deutschland hat sie sich aber so weit verfestigt, dass die Medien längst als 4. Gewalt im Staat mitregieren. Das löst Unbehagen aus, vor allem bei denen, die in den Parteien für politische Propaganda zuständig sind wie Hans Michael Strepp, inzwischen abgetretener CSU-Sprecher, der das ZDF auf Kurs bringen wollte und dafür den „Klodeckel“ erhält. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass er ganz und gar auf eigene Faust handelte. Vorstellen kann man es sich kaum. Allen Beteiligten auf Seiten der CSU muss man jedenfalls ein Höchstmaß an Selbstüberschätzung, vielleicht gar Dummheit, attestieren. Die „Causa Wulff“ sollte noch in viel zu frischer Erinnerung sein, um anzunehmen, dass der Versuch, Druck auf die Medien auszuüben, ohne Folgen bleiben würde. Strepps Vorstoß, den Bericht vom Parteitag der bayerischen Sozis im längst begonnenen Landtagswahlkampf zu unterbinden, ist immerhin nachvollziehbar, weil damit der SPD und deren chancenreichem Bewerber um das Amt des künftigen bayerischen Ministerpräsidenten zur besten öffentlich-rechtlichen Sendezeit eine hochexklusive Plattform feilgeboten wurde. Doch statt sich der aberwitzigen Vorstellung hinzugeben, dies verhindern zu können, hätte man sich besser anschließend mit den Fakten auf seiner Seite über die einseitige Parteinahme mokiert und vermutlich sogar ein bisschen Verständnis geerntet. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass gerade das ZDF in den vergangenen Jahren spürbar nach links gerückt ist. Es stellt sich schon die Frage, ob der Mainzer Sender im umgekehrten Fall ebenso offensiv und betroffen reagiert hätte. So aber steht die CSU als Verlierer da, eine kleine Partei, deren Daseinsberechtigung sich auf eins von 16 Bundesländern beschränkt und die ohne das Mutterschiff CDU sicher keine bundesweite Relevanz hätte. Es offenbart sich, wie nervös Horst Seehofer und seine Altvorderen sind, werden sie bei der kommenden Landtagswahl doch nicht nur viele Stimmen an die Euro-kritischen Freien Wähler verlieren. Wochenlang versuchten deshalb führende CSU-Politiker, der Wählergemeinschaft das Thema „Euro-Schuldenkrise“ abzujagen, mussten ihre Bemühungen jedoch auf Geheiß der Kanzlerin zähneknirschend einstellen. Und auch die heftigen Beißreflexe gegenüber dem Koalitionspartner FDP nahmen zuletzt immer groteskere Formen an, vor allem im Bund. Dass nun erstmals ein SPD-Kandidat zur Verfügung steht, dem im nächsten Jahr der Wahlsieg in Bayern zuzutrauen ist, macht das Dilemma perfekt. Die CSU hat mit der „Mainzelgate“-Affäre die Politikverdrossenheit vergrößert, die ja in Wahrheit eine zunehmende Ablehnung des Parteienstaates ist. Interessant wird sein zu erfahren, welche schmutzigen Details des Strepp-Debakels noch ans Licht kommen. Muss am Ende nicht nur die Marionette, sondern gar einer der Strippenzieher geopfert werden? Schaun mer mal…
Strepp an der Strippe – da wurde es dem ZDF zu bunt
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