29.03.2024 Herzlich willkommen!

"Zurück, marsch, marsch!": Überstunden auf norwegisch

Heute geht der „Klodeckel“ an die skandinavische Fluggesellschaft SAS. Diese brachte das geradezu dreist anmutende Kunststück fertig, einen Linienflug in Norwegen wenige Minuten vor der Landung abzubrechen und die mit 40 Passagieren besetzte Maschine stattdessen zum Ausgangsflughafen zurückkehren zu lassen. Dabei dauerte die Rückreise zum 350 km entfernten Trondheim wesentlich länger als der verbleibende Flug zum ursprünglichen Ziel. Um diesen Quatsch zu verstehen, muss man wissen, dass das norwegische Arbeitsrecht äußerst arbeitnehmerfreundlich ist. Das mit üppigen Rohstoffvorkommen gesegnete Land kann sich eine ganz besonders großzügige Sozial- und Arbeitszeitgesetzgebung leisten. Dazu gehört das weitgehende Verbot von Überstunden. Da die Fluglinie ihr Personal zu kurz vor Dienstschluss auf die Reise schickte, blieb ihr nichts anderes übrig als umzudrehen. Im Falle der Landung im beschaulichen Ort Mosjöen hätte es die Crew nicht mehr geschafft, den turnusmäßigen Rückflug nach Trondheim in der regulären Arbeitszeit zu bewältigen. Die SAS stand damit vor der Wahl, die Kosten für die Strandung von Fluggerät und Personal zu schlucken, oder sich mit den mächtigen Gewerkschaften anzulegen. Da war es preiswerter, die geschädigten Passagiere mit einem Gutschein abzufinden. Der selbst in der Servicewüste Deutschland unglaublich erscheinende Vorfall zeigt, wohin die totale Sozialdemokratisierung einer Gesellschaft führt. Wohl dem, der es sich leisten kann. Geschädigte gibt es aber immer. Hier müssen also die Kunden eines Dienstleistungsanbieters dafür büßen, dass jene, die von ihnen bezahlt werden, kein halbes Stündchen dranhängen dürfen. Verkehrte Welt. Gottlob sind wir in Deutschland noch ein Stück davon entfernt, dass Unternehmen auf diese Weise von ihren Mitarbeitern erpresst werden können. Leider schwingt das Pendel aber auch bei uns immer weiter nach links. Mit der kontinuierlich abnehmenden Leistungsbereitschaft weiter Teile unserer Gesellschaft und der galoppierenden Sozialdemokratisierung selbst der ehemals konservativen politischen Kräfte ist es schon heute so, dass es nur noch Benachteiligte zu geben scheint, die völlig unschuldig am eigenen Schicksal sind. Ob alleinerziehende Mutter, Geringverdiener oder Leiharbeiter – stets ist nicht der Betroffene in der Pflicht, der sich sein Leben so eingerichtet hat, sondern Staat und Unternehmen, die bitteschön dem schlecht ausgebildeten Schulabbrecher, der verantwortungslos ein Kind gezeugt hat, ebenso die Konsequenzen abnehmen sollen, wie der aus der Affäre zurückbleibenden viel zu jungen Mutter, die nun allein zurechtkommen muss. So demokratisiert sich eine Gesellschaft zu Tode, die das Scheitern nicht akzeptieren kann und glaubt, jeden Einzelnen sanft auffangen zu müssen. Eigenverantwortung und Pflichtgefühl waren einmal die Grundpfeiler unserer Demokratie…

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