In dieser Woche standen die Bewerber um den „Klodeckel des Tages“ wieder Schlange, und es fiel mir daher besonders schwer, mich zu entscheiden. Die Aufregung um Schnorrer-Peer, der seinem Kumpel Siggi die Bonbon-Tüte mopste, fand ich zwar ganz witzig, aber in die Endauswahl kam er damit nicht. Weitaus mehr ließe sich zur vorhersehbaren und bestellt wirkenden medialen Aufregung anlässlich des zehnjährigen Hartz-IV-Jubiläums sagen. Die richtigen Worte zu den „armen Deutschen“ fand kürzlich der großartige Wolfram Weimer in seinem Kommentar zum Armutsbericht. Dann waren da auch noch die Euro-Finanzminister mit ihrem hinterhältig gestarteten Testballon, mal zu schauen, was sich so regt, wenn man den Menschen einen Teil ihres Ersparten einfach vom Konto abbucht. Die armen Zyprioten mussten herhalten, konnten sich aber erstaunlicherweise fürs Erste auf ihre Parlamentarier verlassen. Diese dürften allerdings von der Angst vor der Lynchjustiz getrieben worden sein, als sie dem Diebstahl ihre Zustimmung verweigerten. Und einen ganz besonderen Aufreger fabrizierten die Piraten, um die es nicht nur hier in meinem Blog etwas still geworden war. Die Entscheidung war dann recht schnell getroffen: Da uns das Euro-Desaster noch lange beschäftigen wird, geht der heutige „Klodeckel“ an die Fraktion der Piratenpartei im Berliner Senat, weil es sie nur noch bis zum Ende der dortigen Legislaturperiode geben wird. Die Seeräuber-Fraktion behelligte die Senatsverwaltung zum Wochenanfang allen Ernstes mit einer offiziellen Anfrage, in der sie wissen wollte, ob und wie sich die Stadt Berlin auf eine Invasion von Zombies vorzubereiten gedenke. Dabei beriefen sich die Urheber der „Kleinen Anfrage“ auf ein vermeintliches Handbuch der amerikanischen Seuchenschutzbehörde zum umsichtigen Verhalten während einer „Zombie-Katastrophe“. Was vordergründig unheimlich witzig daher kommen mag, ist pure Steuerverschwendung! Die Piraten gefallen sich darin, die Ressourcen des heillos verschuldeten Berlin zu missbrauchen, dessen finanzieller Ruin von einer Minderheit der Bürger Deutschlands bereits in der dritten Generation mit viel Geld hinausgezögert wird. Zum eigenen Entertainment werden Senatsmitarbeiter für dümmliche Publicity gebunden, deren Zeit an vielen Stellen dringend gebraucht wird. Zur Erläuterung des ernsthaften Hintergrunds des angeblichen US-„Zombie-Handbuchs“ sei gesagt, dass es sich hierbei um ganz und gar reale Katastrophenszenarien handelt, die man jenseits des Atlantiks bestimmten Bevölkerungsschichten als „Zombie-Comic“ näherzubringen versucht. Für wie sinnvoll wir das als aufgeklärte Mitteleuropäer halten, ist eine ganz andere Frage. Den Piraten geht es aber offenkundig gar nicht darum, sachlich über Maßnahmen des Katastrophenschutzes zu diskutieren, sondern um das pure Ausleben kindlicher Impulse. Doch warum fordern sie einen Berliner Notfallplan für die Zukunft? Die „Zombies“ sind doch längst in der Hauptstadt angekommen. Insofern ist Berlin bereits Testgebiet des Umgangs mit der Katastrophe und kommt offenbar irgendwie damit zurecht. Wir dürfen also guten Mutes sein, dass die Invasion in einigen Jahren überall auch wieder schadlos überstanden sein wird.
Zombies in Berlin: Die Piraten und ihre Selbstbeschäftigung
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